toter Hase wiederbelebt
Wenn wir vor diesem Werk stehen, begegnen wir zunächst einer auffälligen Stille. In der Mitte eines großflächigen, fast asketisch wirkenden Rahmens liegt ein kleiner Hase unscheinbar, verletzlich, beinahe verloren. Doch gerade diese Unsichtbarkeit im Zentrum macht ihn zu einem kraftvollen Symbol.
Der Filzrahmen, weich und zugleich hermetisch wirkend, erinnert unmittelbar an Joseph Beuys und seine Vorstellung von Wärme, Schutz und Transformation. Filz war für Beuys mehr als Material, er war ein Medium des Überlebens. Hier funktioniert er wie ein Mantel, der etwas Fragiles umschließt, aber auch isoliert, in eine Art Zwischenraum stellt: zwischen Leben und Tod, zwischen Bedeutung und Vergessen.
Das goldene Innenband, das die Fläche säumt, wirkt wie eine leise, aber deutliche Geste der Aufwertung. Gold ist traditionell Farbe des Heiligen, des Wertvollen, des Erhabenen. In dieser Konstellation bildet es einen Übergang: Es deutet darauf hin, dass der Hase, als Symbol des Verletzlichen, nicht nur geschützt, sondern auch neu gerahmt, neu verstanden wird. Es ist ein Reframing im wörtlichen und übertragenen Sinn.
Psychologisch betrachtet wird der Blick gezwungen, sich zu konzentrieren. Der Hase ist so klein, dass wir uns ihm annähern müssen, als würden wir ihm tatsächlich etwas erklären wollen. Genau hier entsteht eine Verbindung zur berühmten Beuys-Performance: der Versuch, dem Tod, der Sprachlosigkeit, der Ohnmacht eine Bedeutung abzuringen. Das Bild stellt die Frage, ob Wiederbelebung, sei sie künstlerisch, emotional oder spirituell, überhaupt möglich ist, oder ob sie immer nur ein Akt des Glaubens bleibt.
Philosophisch verweist das Werk darauf, dass jedes Verständnis ein Akt der Zuwendung ist. Kunst wird hier zum Gespräch, das nur entsteht, wenn wir bereit sind, zuzuhören selbst dann, wenn die andere Seite stumm bleibt. In diesem Sinne ist der wiederbelebte Hase weniger eine Rückkehr ins Leben, als ein Appell: dass Bedeutung erst dort entsteht, wo wir sie behutsam, aufmerksam und mit Respekt herstellen.